Villach-Triest: Mit dem Rad durch die Julischen Alpen

10. September 2017 | Touren

In den 80er Jahren haben sich erstmalig Mountainbike-Enthusiasten auf den Weg von Mittenwald zum Gardasee gemacht. Mittlerweile ergießen sich jährlich Fluten von erlebnishungrigen Radfahrern über die Alpen.

Irgendwann war der Gedanke auch bei Christl, Lucie und Tanja aufgeblitzt. Ein Blick in die reichlich vorhandene Literatur im Netz führte zur Entscheidung, die hoffentlich weniger frequentierten und weniger bekannten Julischen Alpen zu durchradeln. Zu unserem Glück entschlossen sich die Damen uns Männer (Michl, Michael und Helmut) mitzunehmen.

Zunächst galt es, aus vielen Tourenvorschlägen die optimale Route betreffend Länge, Höhenmeter und Fahrbahnbeschaffenheit zusammenzustellen (Tanja), die Unterkünfte zu buchen (Christl und Lucie) und die schwierige Frage der individuellen Gepäckzusammenstellung befriedigend zu lösen. Beim Blick in das „Panorama 2/2017“ Erschrecken: unsere Route wird vom Summit Club angeboten und wurde vorgestellt. Bedeutet das Massen von Radlern auf unserem Weg? Nach Kauf des Kartenmaterials und Eingabe der Route in das ebenfalls neu erstandene GPS-Gerät konnte es losgehen.

Tag 1: Villach – Podkoren (Kranjska Gora):

Als flache Einstiegsetappe geplant, fahren wir zunächst auf Schotter entlang des Gailtals, überqueren die italienische Grenze und stoßen bei Tarvisio auf die ehemalige Bahnstrecke Tarvisio-Kranjska Gora, deren Brücken eindrucksvolle Tiefblicke in Schluchten ermöglichen. Erste Höhenmeter fallen auf dem steilen Anstieg zu unserem Mittagsrastplatz, die Laghi di Fusine an. Wieder im Tal werden kurz nach Überqueren der slowenischen Grenze Wünsche laut, doch noch ein paar Höhenmeter zu fahren, der Abstecher bei Ratece führt uns schließlich auf 1400 m über dem Meeresspiegel und da wir am Ende des Schotterwegs auf die Straße auf den Wurzenpass stoßen, können wir auch hier der Versuchung nicht widerstehen.

Tag 2: Podkoren – Bovec:

Kleiner Gang und durch! Der Vrsic-Pass (1611mH), im ersten Weltkrieg von russischen Kriegsgefangenen angelegt, erweist sich für alle als fahrbar. Die lange Abfahrt unterbrechen wir für einen kleinen Abstecher zur Quelle der Soca (ital. Isonzo), dieses beeindruckenden, schnell anschwellenden türkisblauen Bergflusses, dem wir eine Weile folgen werden und der von Outdooraktivisten aller Couleur, v.a. aber von Kajakfahrern und Raftern aufgesucht wird. Entlang der Soca rollen die Räder bis Bovec, einem Zentrum für Outdoor-Tourismus. Da hier die Infrastruktur offensichtlich mit dem touristischem Ansturm nicht Schritt gehalten hat, dauert es eine Weile, bis wir unsere leeren Bäuche mit Cevapcici-Burger stillen können.

Tag 3: Bovec – Ciginj (Tolmin):

Zunächst gemächlich am Tal der Soca entlang, erweist sich der Weiterweg in einigen Passagen auch für die Mountainbikes kaum mehr als fahrbar. In Kobarid trennen sich unsere Wege. Entweder steile 400 Hm über Vrsno oder ebenfalls steile 1000 Hm über den Kolovrat gilt es zu bewältigen. Einige kühle Radler und ein Bad in der Soca helfen anschliessend, die normale Körpertemperatur an diesem heißen Tag wieder herzustellen.

Tag 4: Ciginj – Slap (Vipava):

Bei Most na Soci verlassen wir endgültig das Soca–Tal, um im Anstieg über Cepovan nach Lokve, unserem Mittagsrastplatz, von einem Schotterweg kombiniert mit 12% Steigung überrascht zu werden. Im Wechsel von kurzen Asphaltstrecken mit Forstwegen kämpfen wir uns durch Leichtregen und eine kupierte feucht-kühle Mittelgebirgslandschaft bis nach Predmeja, wo sich der Blick in das 1000 Meter tiefer liegende Vipava – Tal verliert. Auf der traumhaften Abfahrt durch Felstore erwärmt sich die Luft mit jedem Meter, so dass wir unser Eis in Ajdovscina bei über 30 Grad genießen können, währenddessen Helmuts ausgeglühte Scheibenbremse ausgewechselt wird.

Tag 5: Slap – Triest:

Nur ungern verlassen wir den zu einem Feinschmecker Restaurant mit Zimmervermietung umgebauten Bauernhof. Zu lecker das 5-Gänge-Menü, zu exquisit die lokalen Weine!

Der in der Karte als Radstrecke ausgewiesene Weg erweist sich irgendwann als kaum mehr fahrbar. Ein Gewitter mit Platzregen sitzen wir zunächst in einer Garage in Garberje, einem 120 Seelen Dorf aus, bis man uns schließlich in den Veranstaltungskeller bittet und mit Saft bewirtet. Als schließlich der berühmte Sohn des Dorfes, ein emeritierter Professor für Elektrotechnik, geholt wird und auf Deutsch unsere Fragen beantwortet, wird der Regen zur Nebensache. Durch ein idyllisches Flusstal und zwischen Weinbergen hindurch radeln wir nach Sezana und zum nahen und wohlbekannten Lipizaner–Gestüt. Das Highlight des Tages und würdigen Abschluss unserer Tour bildet ein Panorama–Trail mit genialer Sicht über Triest und die langersehnte Adria. Die Begegnungen mit Menschen an diesem Tag– mit dem rumänischen Weinhändler, dem wir aus Parknöten helfen (Ergebnis: 2 Flaschen köstlicher Weißwein) und das nette Gespräch mit einer jungen Italienischen Familie – vervollständigen unsere Fahrt zur Reise.

Teilnehmer:
Lucie und Helmut Gmeiner, Christl und Michael Malzer, Tanja und Michael Schornbaum (alle Tirschenreuth)

Tipps:

  • Kompass-Karte 1:75000 Julische Alpen und Slowenische Küste ein Muss.
  • Navi: Vereinfacht die Wegfindung sehr, insbesondere beim Auffinden von Trails, ginge zur Not auch ohne.
  • Im Gegensatz zu touristisch sehr gut erschlossenen Gebieten keine Markierungen der in der Karte ausgewiesenen Fahrradwege.
  • Internet: Liefert vielfältige Anregungen für die Zusammenstellung der Route, bis hin zu Videos ist alles zu finden.
  • Unterkunft: Vorbuchen ist vor allem bei Kleingruppen sinnvoll.
  • Streckenlänge und -schwierigkeit: Sind auch während der Tour je nach Ehrgeiz variierbar. 50 bis 60 Tageskilometer und 1200 Höhenmeter ließen uns Zeit fürs Baden, Abstecher usw.
  • Vorgebuchter Rücktransport mit Fahrradtaxi (50 Euro pro Person) ist bezahlbar und angenehm.
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